Funkamateure entdecken die digitale Sprachübertragung

Die digitale Sprachkommunikation für Jedermann begann bereits 1992 mit der Einführung des GSM-Standards (2. Generation) und den damit verbundenen Siegeszug des kompakten Handys als Mobiltelefon mit genügend Platz in der Hand- bzw. Westentasche.

Mit dem UMTS-Standard (3. Generation) kamen 2004/2005 die ersten Smartphones mit Telefonfunktion und Internetzugang in den Handel.
Heutzutage befinden wir uns bereits mit LTE (Long Term Evolution) in der 4. Mobilfunkgeneration und max. Übertragungsgeschwindigkeiten von 300 Mbit/s für den schnellen Datentransfer aus dem weltweiten Internet und mittlerweile ca. 7 Mrd. Handy- u. Smartphone-Nutzern.

Im Amateurfunk sieht die Welt noch etwas anders aus: Die überwiegende Mehrheit der Funkamateure nutzt nach wie vor die altbewährte analoge Sprachkommunikation, auch in den VHF-/UHF-Bändern oberhalb 30 MHz!
Vergleich Analog-Digital

In der Regel besitzt fast jeder Funkamateur auch ein zeitgemäßes Smartphone mit allen digitalen Spielereien zur Kommunikation mit dem Rest der Welt außerhalb des Amateurfunks.

Warum nicht auch den digitalen Fortschritt mit seinen erweiterten Möglichkeiten gegenüber einem normalen Smartphone-Nutzer in den eigenen Amateurfunk-Alltag einfließen lassen! Wie geht das?

 

Hier nun eine erfolgsversprechende Entscheidungshilfe mit anschließender Umsetzung:

Heutzutage existieren im Amateurfunk drei etablierte digitale Sprachübertragungsstandards (D-Star, DMR und C4FM) mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. Leider sind sie untereinander nicht kompatibel!

Also vorher gut überlegen, danach einfach loslegen und ein passendes Afu-Endgerät mitintegriertem D-Star-, DMR- oder C4FM-Mode anschaffen. Der persönliche Kommunikationsradius über das örtlich empfangbare digitale Sprachrelais hinaus kann mit einem zusätzlichen preiswerten HotSpot USB-Dongle (z.B. DV4mini) auf Basis eines Einplatinen-Computers mit-Internetzugang (z.B. Raspberry 2) und frei auswählbaren Chaträumen (Sprachkonferenzräume <-> Reflektorräume) deutschland-, europa- und weltweit ausgedehnt werden.

Grundkenntnisse über die bestehenden Netzwerke bei D-Star, DMR oder C4FM und deren Reflektor(Chat)räume erleichtern den etwas höheren Bedienaufwand am eigenen Funkgerät und bilden demnach eine kleine Hürde für den Neueinsteiger in der digitalen Sprachübertragung.
Im Internet gibt es dazu mittlerweile zahlreiche Publikationen für Einsteiger und Fortgeschrittene nach Eingabe entsprechender Schlagwörter in die Suchmaschine.

Nachfolgend die dafür notwendigen Einzelschritte aus der Praxis:

Kauf eines digitalmodefähigen Afu-Gerätes zum QSO-Betrieb für das örtlich gut empfangbare Afu-Relais mit D-Star, DMR oder C4FM.
DMR- und C4FM-Relais können auch wahlweise im Multimode-Betrieb mit der altbewährten analogen FM-Sprachmodulation betrieben werden. Die Geräteentscheidung sollte sich in erster Linie nach den persönlichen und örtlichen Gegebenheiten richten.

  • Entscheidung für D-Star
    Vorteile:
    a) Weltweit größter Relaisverbund mit mehr als 200 Relaisstandorten allein in DL. Der DL-Aufbau begann bereits im Jahr 2005.
    b) Für die digitale Sprachumwandlung können neben ICOM-Endgeräten auch Afu-Produkte aus Amateurfunk-Entwicklergruppen eingesetzt werden (z.B. UP4DAR, DVRPTRV3).
    c) Rufzeichen und Infotexte (z.B. Name, GPS-Standort) werden im digitalen Datenstrom mit übertragen.
    d) Einfacher Aufbau von persönlichen HotSpots zur deutschland-, europa- oder weltweiten D-Star Kommunikation, auch am Urlaubs-QTH möglich.
    e) In Regionen aufgeteiltes DCS-Reflektornetz für DL und Europa mit Möglichkeiten eines Direktrufs (Callsign-Routing mit Call Connection Service CCS) durch Eingabe einer CCS-Kennung (Rufzeichen als DTMF-Steuercode) zum gewünschten QSO-Partner.
    f) Es sind preiswerte HotSpot-Lösungen mit Einplatinen-Computer am Ethernet bzw. WLAN oder via Mobilfunktelefon realisierbar (z.B. DV4mini und Raspberry 2).
    g) Die gewünschte Gerätekonfiguration ist entweder über Displayeingabe (Spontankontakte) oder per Programmiersoftware (gesamte Speicherbelegung, weitreichende Änderungen der Standard-Übertragungsparameter) möglich.
    Nachteile:
    a) Historisch ältester Übertragungsstandard (Japan 1998); 2 FSK-Modulation (GMSK) mit 1 bit/Symbol; 6,25 kHz HF-Bandbreite mit 3,6 kbit/s digitalem Sprachdatenstrom inkl. Fehlerschutzkorrektur plus 1,2 kbit/s Datenstrom für GPS und Messages.
    b) Nur ein digitaler Sprachkanal; drei historisch entstandene, jedoch getrennt voneinander arbeitende Reflektornetzwerke (D-Plus-, xReflector und DCS-Reflektoren) vorhanden.
    c) An D-Star Relais ist in der Regel kein Wechsel auf analoge Sprachübertragung möglich.
  • Entscheidung für DMR
    Vorteile:
    a) Mittlerweile flächendeckender Relaisverbund mit ca. 100 Relaisstandorten seit 2010 allein in DL.
    b) Zwei unabhängig arbeitende digitale Sprachkanäle im so genannten Zeitschlitzverfahren (TDMA) mit 12,5 kHz HF-Bandbreite.
    c) Vereinfachte Gerätebedienung durch vorkonfigurierte CodePlugs aus dem Betriebsfunk-Alltag. CodePlugs müssen jedoch mühsam am PC generiert werden.
    d) Zeitgemäße 4 FSK-Modulation mit 2 bit/Symbol.
    e) Wählbare vordefinierte lokale, regionale, landesweite, europaweite und weltweite Sprachräume.
    f) Umschaltbare Reflektoranbindungen durch Wahl entsprechender DTMF-Steuercodes werden nur im DMRplus-Verbund von Hytera angeboten.
    g) Endgeräte von Motorola, Hytera und entsprechende Derivate erhältlich
    h) Bei DMR Kombi-Relaisstellen ist auch ein Wechsel in die analoge FM-Sprachübertragung möglich (Steuerung durch CTCSS-Subaudioton-Ausstrahlung und – auswertung im FM-Betriebsmode).
    Nachteile:
    a) 2 getrennt arbeitende Relaisstellen-Verbunde in DL (Motorola / Hytera).
    b) Reflektoranbindungen werden nur im DMRplus Verbund mit Hytera-Komponenten unterstützt.
    c) Zeitaufwändige CodePlug Konfigurationen für zahlreiche Gerätevarianten.
    d) Das Zeitschlitzverfahren erfordert ein anspruchsvolles Gerätedesign mit sehr schneller Sende-/Empfangsumschaltung. Daraus resultieren knifflige Gerätemodifizierungen und hohe Anforderungen an nachgeschaltete HF-Leistungsverstärker.
    e) Keine Rufzeichenübertragung im digitalen Datenstrom – Authentifizierungen nur über registrierte DMR-Nummern möglich.
    Datenstrom_Vergleich_C4FM_DMR
  • Entscheidung für C4FM
    Vorteile:
    a) Seit 2013 mit subventionierten YAESU-Relaissystemen in einigen Vorzugsregionen auch in DL vorhanden.
    b) Zeitgemäße 4 FSK-Modulation mit 2 bit/Symbol.
    c) Zwei parallel arbeitende digitale 6,25 kHz Datenkanäle im so genannten Frequenzmultiplexverfahren (FDMA).
    d) Standardmäßig sind ein digitaler Sprachkanal mit Fehlerkorrektur und ein parallel arbeitender Datenkanal (GPS, Bilder) mit jeweils 4,8 kbit/s Datenstrom aktiviert.
    e) Umschaltung auf hochwertige Sprachdatenübertragung oder reinem Datentransfer mit 12,5 kHz Bandbreite und 9,6 kbit/s Gesamtdatenstrom möglich.
    f) Automatische C4FM-/FM Betriebsarten-Umschaltung AMS zwischen YAESU-Endgeräten und YAESU-Relaisstelle im Multimode-Betrieb gegeben. Automatische Umschaltung für QSO-Partner mit Nur-FM Endgeräten (Steuerung durch CTCSS-Subaudioton-Ausstrahlung und – auswertung im FM-Betriebsmode).
    g) Die gewünschte Gerätekonfiguration ist entweder über Displayeingabe (Spontankontakte) oder per Programmiersoftware (gesamte Speicherbelegung, weitreichende Änderungen der Standard-Übertragungsparameter) möglich.
    Nachteile:
    a) Z.Z. nur analoge Sprachverbindungen über weltweites Wires-X Netzwerk an den Relais-Standorten möglich (fehlendes FW-Update zur digitalen Sprachübertragungsfreigabe).
    b) Nur ein digitaler Sprachkanal mit 2 schaltbaren Qualitätsstufen.
    c) Passende C4FM-Endgeräte z.Z. nur von YAESU / Japan erhältlich.
    d) 2 getrennte Reflektornetzwerke im Einsatz bzw. Aufbau (Wires-X der Fa. YAESU bzw. Fusion Reflector System FCS by DG1HT).

AMS - C4FM_FM_Betrieb

Fazit: Die digitale Sprachkommunikation im Amateurfunk läuft also gegenwärtig dreigleisig. Zwischen den historisch entstandenen Reflektor-Netzwerken bilden Gateway-Systeme erste Übergänge in ein gemeinsames Netzwerk. Auf der Endgeräteseite kündigen sich mittelfristig Multimode-Geräte an, die neben der analogen FM mehrere digitale Sprachübertragungs-Standards auf einem gemeinsamen Board unterstützen.

Es bleibt also weiterhin spannend – auch im Amateurfunk!Systemvergleich Analog-Digital

Verfasser: Friedhelm Heise – DL6OAH